Kalte Kneipp-Anwendungen Grundregeln für Waschungen, Wickel, Güsse und Bäder

1. Kaltanwendungen nur am warmen Körper vornehmen. Auf kalte Haut oder fröstelnden Körper nie eine Kaltanwendung.
2. Je kälter das Wasser, desto kürzer die Anwendung. So kalt wie möglich und so warm wie nötig. Lauwarme Anwendungen sind nur bei hohem Fieber sinnvoll, um einen Kälteschock zu vermeiden.
3. Die Stärke der Anwendung ist der körperlichen Verfassung und dem Wärmehaushalt anzupassen. Schwache Reize fördern die Lebenskräfte, überstarke hemmen.
4. Nach jeder Kaltanwendung ist die Wiedererwärmung wichtig: Rückkehr ins warme Bett oder Naturfaserkleidung anziehen und sich ausgiebig bewegen.
5. Nach Waschungen, Wassertreten, Güssen und Bädern wird nicht abgetrocknet. Das Wasser nur von Hand abstreifen. Gesicht und Hände sowie stark behaarte Körperstellen abtrocknen.
6. Eine Stunde vor oder nach den Mahlzeiten keine Wasseranwendung vornehmen. Ausgenommen ist eine kleine Teilanwendung oder eine Leibauflage zur Verdauungsförderung.
7. Nie zwei Anwendungen gleichzeitig durchführen. Die Pausen zwischen den einzelnen Anwendungen sollen 2–4 Stunden betragen. Ausnahme bildet die wärmeentziehende Anwendung in Serien als Waschung oder Wickel bei Fieber und Entzündungen.
8. Aktive Bereitschaft ist wichtig. Alle Kaltanwendungen ohne Zwang in positiver, konzentrierter und ruhiger Verfassung durchführen.
9. Als Dauer für die Kaltanwendung gilt das individuelle Reaktionsvermögen: Rötung oder Kälteschmerz. Kalte Anwendungen sind Sekunden-Anwendungen.
10. Vor jeder grösseren Anwendung Blase und Darm entleeren. Warum nicht abtrocknen? Durch das Nichtabtrocknen wiederholt der Kaltwasserreiz seine Wirkung durch die entstehende Verdunstungskälte. Bei einem aktiven Gefässtraining stellen sich die peripheren Blutgefässe abwechselnd weit und wieder eng, bis die Haut ganz trocken ist.

Aktive Gesundheitspflege
Aktive Gesundheitspflege bezieht alle 5 Säulen der Kneipplehre mit ein: Lebensordnung, Hydrotherapie, Heilkräuter, Vollwerternährung, Bewegung. Sie will mit natürlichen Lebensreizen wie Wasser, Wärme, Kälte, Licht, Luft, Sonne und Erde
– die körpereigene Abwehrkräfte stärken
– die Stresstoleranz erhöhen
– die Leistungskraft und Lebensfreude steigern, Lebensqualität und Wohlbefinden verbessern

Abhärtungsübungen zur aktiven Gesundheitspflege
Wassertreten
Barfuss- und Taulaufen
Schneegehen
Trockenbürsten
Luft- und Sonnenbad
Atemgymnastik und Bewegung
Waschungen
Sauna

Bei allen Übungen ist die eigene Reaktion zu beobachten. Langsam mit den Abhärtungsübungen beginnen und, je nach Art der Anwendung, allmählich durch regelmässiges Ausdauertraining steigern.

Was versteht man unter Abhärtung?
Abhärten trainiert Haut und Organismus, auf die verschiedensten Reize richtig zu reagieren. Krankmachende Einflüsse wie Wetterumschlag, thermische Reize, Schadstoffe in Luft und Nahrung, Keime, Viren und Bakterien kann ein abgehärteter Mensch abwehren. Über die Haut er- reicht man unzählige Nervenenden sowie Haut- und Unterhautgefässe. Wasser-, Luft- und Lichtreize können in der Haut spezifische und unspezifische Abwehrstoffe gegen Krankheitserreger bilden und speichern, um sie notfalls abzugeben. Aber eben nur dann, wenn Haut und Organismus lernten, richtig zu reagieren, das heisst abgehärtet wurden.

«Ich möchte wissen, welche Krankheit in eine verweichlichte Natur nicht leicht eindringen kann, während eine abgehärtete Natur sich nicht das Geringste daraus macht. Die Verweichlichung, behaupte ich, öffnet Thür und Thor für viele Krankheiten.» Sebastian Kneipp Mein Testament 1895