Zeigt her eure Füsse, zeigt her eure Schuh…

Jeden Tag schauen wir in den Spiegel, pflegen Haut und Haare, kontrollieren unser Gewicht und pflegen die Zähne. Zwar werden die Zehennägel geschnitten und lackiert, die Füsse aber strafen wir mit Nichtachtung. Das hat Folgen! Kaum ein Körperteil wird so vernachlässigt wie der Fuss. Mit den Füssen begann der Lauf der Evolution, mit dem aufrechten Gang bekamen unsere Vorfahren Kopf und Hände frei. Doch genau dieses Wunderwerk der Schöpfung ist heute ein massiv degenerierter Körperteil und Ursache vieler Erkrankungen.

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Mogelpackung Kinderschuh
Dieses mangelnde Nichtbeachten hat schon in frühester Kindheit Folgen. Schon im Kindergarten leiden rund 40 Prozent aller Kinder an deformierten Füssen,
65 % aller Kinderfüsse stecken beispielsweise in falschen und vor allem zu kleinen Schuhen. In Österreich untersucht das Forschungsteam «Kinderfüsse – Kinderschuhe» regelmässig die Passform von Kinderschuhen. Die Ergebnisse dürften auch für die Schweiz adaptierbar sein: In einer aktuellen Erhebung wurden 631 Paar Schuhe analysiert. Das ernüchternde Ergebnis: 548 (rund 87 %) waren kürzer, als es die Schuhgrösse erwarten liess. Bei 58 Paar betrug der Unterschied
zwischen aufgedruckter Schuhgrösse und Überprüfung drei Grössen! 12 Paar waren sogar um vier Grössen zu kurz.
Kinder in diesem Alter spüren nicht, wenn der Schuh zu kurz ist. Untersuchungen belegen, dass Kinder bis 10 Jahre zu kurze Schuhe meistens als passend bezeichnen. Ein Gesundheitsrisiko: Kinderfüsse werden durch zu kurze Schuhe geschädigt, dauerhafte Fehlstellungen der Zehen – z. B. Hallux Valgus – können die Folgen sein. (kinderfuesse.com)

Kleine Füsse – grosse Sorgen
Bei solchen Untersuchungen zeigt sich, dass bis zu 30 % aller Kinderfüsse bereits orthopädische Auffälligkeiten zeigten und medizinisch betreut werden sollten. Dass unpassende Schuhe die Füsse dauerhaft schädigen können, wurde lange vermutet. Mit der grossangelegten Untersuchungsreihe konnte das Forscherteam, bestehend aus Orthopäden, Sportwissenschaftler und Ärzten, erstmals einen direkten Zusammenhang nachweisen. Sie überprüften die Winkelstellung der grossen Zehen und waren überrascht: Rund drei Viertel der Kinder zeigten unnatürliche Krümmungen, teilweise mehr als 10 Grad.
«Je kürzer die Schuhe, desto schiefer die Zehen.» Eine Fehlstellung der Zehen kann Gelenke und Wirbelsäule schädigen, was im Erwachsenenalter zu irreparablen Schädigungen führen kann.

So passt es
Passende Schuhe sollten mindestens 12 mm länger als die Füsse sein. Das lässt sich mit einer Papp-Schablone rasch überprüfen: Kind auf einen Karton stellen, Fussumriss zeichnen und an der längsten Zehe 12 mm hinzufügen. Den Karton zwei Finger breit ausschneiden und in den Schuh stecken. Biegt sich die Papp-Schablone auf, ist der Schuh zu kurz.

Unsere Füsse sind mit ihren 75000 Nervenenden in unseren Fusssohlen ein komplexes Bewegungs- und Steuerungssystem – der sechste Sinn! Silvia Aebi, Zentralpräsidentin Schweizer Kneippverband
„Wer sich abhärten will, muss mit den Füssen anfangen“ Sebastian Kneipp

Krank wegen falschem Schuhwerk

Was im Kindesalter beginnt, nimmt im Erwachsenenalter seinen Lauf: Über 80 Prozent aller Erwachsenen leiden an Beschwerden des Bewegungsapparats. Beobachtet man sie beim Gehen, so ist es mehr ein Hinken oder ein sich Schleppen denn ein leichtes, unbeschwertes Laufen. Nicht nur der alte Mensch tut sich zunehmend schwer, auf seinen zwei Beinen zu gehen, auch Junge zeigen Mühe beim Laufen oder Treppen steigen. Der Zweibeiner wandelt sich mehr und mehr zum „Sitzling“.

Und obwohl ein Mensch in seinem Leben rund 160 Millionen Schritte macht, sind die Füsse dabei jämmerlich unterfordert. Diese weitverbreitete Abstinenz vom Gehen ist für unseren Körper verheerender, als wir annehmen, und Grund für viele Krankheiten.

Was ist der Fuss?
Kurz gesagt besteht er aus Zehen, Ballen, Sohle, Ferse, Fussrücken und Rist. Was wir nicht sehen, sind die vielen Gelenke, Bänder, Sehnen, Muskeln und Nerven, Blut- und Lymphgefässe sowie die Fett- und Bindegewebszellen im Inneren des Fusses. Eine anatomische Meisterleistung, die in ihrem Zusammenspiel unsere Fortbewegung ermöglicht.

Krank von Kopf bis Fuss
Viele Erkrankungen werden auf den ersten Blick gar nicht mit dem Schuhwerk oder einer Fehlstellung des Fusses in Verbindung gebracht: Gelenkentzündungen,
Muskel- und Sehnenschmerzen, Entzündungen oder Verkürzungen der Muskeln durch eine Verschiebung der Zugrichtung infolge veränderter Gelenkwirbel, Taubheits- und Kältegefühl, Krampfadern und andere Durchblutungsstörungen, Knie-, Hüft- und Rückenleiden durch eine veränderte Körperstatik, Bluthochdruck…

Hauptsache eingepackt
Der Fuss ist verpackt in teures Schuhwerk, geschützt vor Unwetter und Kälte, Stock und Stein, und deshalb werden die unzähligen Nerven und Sehnen, die Muskeln und der Fussballen zur Untätigkeit verdammt. Wir kommen nicht mehr mit Unebenheiten in Kontakt, die Muskeln verkümmern, das Fussgewölbe verliert seine Elastizität und Stützfunktion. Fazit: der Fuss verkümmert und kommt aus der Form – und wir kommen zum Hohlfuss, Plattfuss, Senkfuss oder Spreizfuss mit Krallenzehen! Für viele Menschen ist jeder Schritt mit Schmerzen und Unwohlsein verbunden.
All dies wird durch das Tragen von zu enger, zu kurzer oder anatomisch falsch geformter Fussbekleidung zusätzlich begünstigt; die Folge ist die Notwendigkeit von orthopädischen Einlagen. So wird eine architektonische Meisterleistung der Evolution ruiniert!

„…der Schuh ist eine Fussverkümmerungsmaschine“ Sebastian Kneipp