Faszination Musik – so tickt der Mensch

Musik ist mehr als nur schöne Unterhaltung. Sie fördert die geistige und soziale Entwicklung von Kindern. Das weiss man, und entsprechend kommt dem Musikunterricht seit einiger Zeit wieder eine neue Bedeutung zu. Und bei den Erwachsenen? Auch sie profitieren von der Musik beziehungsweise vom Musizieren!
Musik regt das Gehirn an und produ- ziert Glückshormone. Musik kann Balsam für die Seele sein. Deshalb wird die Musik heute in der Medizin als therapeutisches Mittel eingesetzt.

So wirkt Musik auf den Menschen

Violinspielerin

© by Albrecht E. Arnold pixelio.de

Tatsächlich verändert die Musik den Herzschlag, den Blutdruck, die Atemfrequenz und die Muskelspannung des Menschen, und sie beeinflusst nachhaltig den Hormonhaushalt. Vor allem Nebenniere und Hypophyse reagieren auf Klang und Takt. Doch nicht jede Musik löst dieselben hormonellen Reaktionen aus. Ein rascher Takt und damit schnelle Musik regt das Adrenalin an, langsame, sanfte Weisen das Noradrenalin. Sanfte Musik verringert nachweislich die Ausschüttung von Stresshormonen und erhöht zugleich die Konzentration von schmerzkontrollierenden Betaendorphinen im Körper. Musik kann also Schmerzen dämpfen;
darum wird in der Schmerztherapie, aber auch in der Psychiatrie seit vielen Jahren intensiv mit Musik gearbeitet. Musik entspannt, löst Gefühle aus und setzt Emotionen frei.

Film ab für Emotionen
Musik kann Spannung erzeugen, eine Gänsehaut verursachen, den Bauch in Wallung bringen. Mit diesen Effekten arbeiten nicht nur Künstler auf der Bühne, sondern auch die Filmstudios – kein Film ohne Musik! Musik kann auch Erinnerungen wecken, wird mit persönlichen Erlebnissen verknüpft. Denken Sie zum Beispiel an Guggenmusik zu Ostern oder an Weihnachtslieder zum 1. August? Nein! Viele Lieder erzeugen ganz bestimmte Gefühle und Emotionen und wollen nicht irgendwann, sondern zu ganz bestimmten Zeiten und Anlässen ge- hört werden. Musik ist in unserem Gefühlsleben kodiert. Dies bewirkt, dass das für Gefühle zuständige limbische System im Gehirn durch Musik ange- regt und aktiviert wird.

Musikalische Kinder sind freundlicher
Wurde Musik in vielen Schulen schon weitgehend aus dem Lernprogramm gestrichen und ans Elternhaus delegiert,
 so sind heute immer mehr Schulen und Pädagogen überzeugt: Musik steigert die Leistungsfähigkeit der Kinder, aber auch die soziale Kompetenz. Jüngste Versuche aus Deutschland zeigen, dass Kinder, die regelmässig gemeinsam musikalischen Unterricht erhalten, untereinander sehr viel sozialer und freundschaftlicher funktionieren. Ausgrenzung und Mobbing sind kaum bis gar nicht mehr der Fall, während Kinder an Schulen ohne Musikunterricht weiterhin damit zu kämpfen haben. Wie erklärt man sich dieses Phänomen? Wer in einer Gruppe musiziert, singt oder tanzt, muss sich auf die anderen einstellen und gut zu- und hinhören, nur dann kommt ein har- monisches Miteinander zustande. Die Wahrnehmung wird geschult, die Motivation und die Konzentration ebenso. Die Belohnung: ein schöner Klang!

Eine Herausforderung für das Gehirn
Wer musiziert, muss nicht nur die Tasten, Knöpfe oder Saiten sauber anspielen, nein, es sind oft auch komplexe Mehrfachgriffe nötig und der Takt muss stimmen.
Das Gehirn muss sich die Abläufe einprägen, das heisst die Informationen der Musik, beispielsweise Tonlagen, erkennen und vergleichen. Es sind komplexe Abläufe, mit denen sich das Gehirn konfrontiert sieht. Also nicht nur die Mathematik kann für das menschliche Gehirn eine Herausforderung bedeuten, auch die Musik ist eine solche. Daraus ergibt sich, dass dieser Trainingseffekt auch positive Auswirkungen auf den IQ des Menschen hat. In welchem Ausmass dies zutrifft, lassen wir offen. Sicher ist: Dümmer wird man durch Musik nicht. Die linke und die rechte Hirnhälfte werden gefordert, neue Nervensynapsen und -dendriten gebildet oder zumindest erhalten. Man weiss, dass bei Profimusikern der Austausch zwischen der rechten und der linken Hirnhälfte sehr intensiv ist, und es ist mit Sicherheit belegt, dass sich die Musikergehirne von denen nicht musizierender Menschen deutlich unterscheiden.
Man nimmt zudem an, dass sich über regelmässiges Muszieren, Singen, aber auch aktives Musikhören der Abbau von Nervenzellen im Gehirn alter Menschen verringert. Belegt ist auch, dass man sich über das Singen die Texte besser einprägen kann; dies ist mit ein Grund, weshalb Kirchenlieder gesungen werden. Auch fachliche Inhalte, die gesungen werden, prägen sich besser ein, wie eine Studie mit Studenten ergeben hat.