Tagblatt Online, 20. Juli 2011 01:06:55
Aus Waschplatz wird Kneippstation
Die Kneippstation und die rekonstruierten Arbeitsbänke am See. (Bild: Martina Luterbacher)
Wäschewaschen anno 1900: Die Arboner trafen sich an einem öffentlichen Platz am See. Der originale Waschplatz existiert seit den Aufschüttungen nicht mehr – heute erinnern Arbeitsbänke an alte Zeiten. Die Kneippstation nebenan nutzt jedoch kaum jemand.
Martina Luterbacher
Arbon. Das Bündel Wäsche hineinstopfen, kurz das Pulver hinzugeben, die Starttaste drücken und später die saubere Wäsche herausnehmen – Waschen im Jahre 2011. Rund einhundert Jahre früher zeigte sich der Ablauf komplizierter: Die Wasserversorgung ist erst im Aufbau – noch lange nicht alle Wohnungen haben einen eigenen Wasseranschluss. Viele Bewohner der Altstadt waschen deshalb ihre Wäsche beim öffentlichen Waschplatz am See. Dieser war zugleich auch ein Treffpunkt für gross und klein. Als eigentliche Waschstelle diente eine Art Floss direkt im See (kleines Bild links). Zum Trocknen dienten nicht nur Wäscheleinen, die Frauen legten ihre Kleider auch direkt auf die Wiese in die Sonne (grosses Bild). Als das Ufergebiet in Arbon aufgeschüttet wurde, endete auch die Ära des Waschplatzes. Dort, wo er einst stand, endet heute die Grabenstrasse.
Zentrale Waschhäuser
In den reicheren Wohnquartieren oder in firmeneigenen Arbeitersiedlungen standen kleine Waschhäuser für die gemeinsame Nutzung zur Verfügung. Das «Städtische Waschhaus» an der Gerbergasse rüstete die Gemeinde mit einer Wasch- und Auswindemaschine aus. Im gleichen Gemäuer befand sich auch eine öffentliche Toilette. Im Laufe der Jahre verbesserte sich die Infrastruktur in den Wohnhäusern und die Waschhäuser wurden allmählich überflüssig. An der Landquartstrasse steht heute – als Zeuge vergangener Zeiten – das letzte Arboner Waschhäuschen.
Arbeits- statt Picknickbänke
Ein paar Meter weiter westlich des alten Waschplatzes, an der Uferpromenade neben der Badi, laden heute vermeintliche Sitzbänke zur Erholung ein.
Mancher Tourist und Picknickgänger wird sich allerdings schon gefragt haben, warum die einbetonierten Tische zu hoch und die Sitzbänke zu weit von den Tischen entfernt sind.
Die Lösung: Die Bänke sind nicht zum Rasten gedacht, sondern sind massstabgetreue Rekonstruktionen der alten Arbeitsbänke am Waschplatz. Auf die tiefer liegenden Bänke stellten die Frauen ihre Waschzuber und Wäschebehälter aus Holz, Metall oder Weidengeflecht, die höheren Tische dienten als Steharbeitsplätze und wurden hauptsächlich zur Ablage und zum Schrubben genutzt (siehe grosses Bild).
Apotheker kauft Kneippstation
Neben den Rekonstruktionen steht seit rund dreissig Jahren auch eine öffentliche Kneippstation. Diese wurde vom damaligen Besitzer der Adler-Apotheke, Hollihn, veranlasst und auch von ihm finanziert. «Er hat dies als ein sinnvolles Angebot für jedermann betrachtet», sagt Bernhard Dankelmann, der zu dieser Zeit in der Adler-Apotheke gearbeitet hat. Ob Hollihn die Kneippstation auch privat genutzt hat, weiss Dankelmann nicht.
Heute ist die Kneippstation nur noch teilweise in Betrieb und wird häufiger als willkommene Abkühlung für Hunde genutzt, anstatt als Kneippbrunnen. «Die Station würde sicher von Touristen oder Spaziergänger benutzt, wenn sie besser gewartet würde», sagt Dankelmann.
Für den Unterhalt ist heute der Werkhof Arbon verantwortlich. «Meldungen oder Beschwerden betreffend der Anlage haben wir in letzter Zeit keine erhalten», sagt Remo Tambini, Leiter der Abteilung Bau der Stadt Arbon. Auch Veränderungen an der Anlage seien momentan keine geplant.
Neue Wassertrettafel, 14. Juni 2012, bezahlt vom Schweizer Kneipp-Verband
Werkhof Arbon
Markus Segerer
Salwiesenstr. 3
9320 Arbon
Tel. 071 447 61 80